Pressenza Berlin hat ein Interview Interview von Magali Corpataux, Secrétaire romande, AGILE.CH veröffentlicht, in dem einmal - was wirklich sehr selten vorkommt - die Sprache darauf kommt, was ein Bedingungsloses Grundeinkommen für Menschen bedeuten könnte, die mit einer oder verschiedenen Behinderungen leben bzw. gravierend erkrankt sind.
Julien Dubouchet-Corthay, Vorstandsmitglied von BIEN-Schweiz und Zentralsekretär des Westschweizer Zweigs von Pro Mente Sana, gibt einen Einblick in etwaige Verbesserungen:
"Was macht das BGE zu einer würdigen Lösung für Menschen mit Behinderung?
Erstens richtet es ein gemeinsames System ein. Es behandelt Menschen
mit und ohne Behinderung gleich. Zum Beispiel gäbe es kein Bitten,
Rechtfertigen, medizinisches Argumentieren mehr, um eine IV-Rente zu
erhalten. Nebenbei gesagt, gäbe es schönere Ausdrücke als
«Invalidenversicherung», wenn es um die Selbstachtung geht. Zweitens
würden die zahlreichen Menschen, die einen legitimen Anspruch auf
Unterstützung haben, aber heute keine entsprechenden Schritte
unternehmen – da zu kompliziert, zu erniedrigend –, ebenfalls das BGE
erhalten. Aus diesem Blickwinkel ist das BGE ein wesentlicher Schritt in
Richtung Inklusion. Drittens ist die IV ein in mancherlei Hinsicht
überholtes System, insbesondere wenn es um Menschen mit einer
psychischen Erkrankung geht. Auch wenn sie oft völlig genesen, so ist
der Weg zur Genesung doch kein langer, ruhiger Fluss. Auf Phasen mit
Krisen folgen stabile Perioden, während denen es durchaus möglich ist zu
arbeiten. Die IV ist indessen nicht für solche Sachlagen gedacht.
Tut das BGE nicht den Arbeitgebern einen Gefallen, die wenig
Druck erfahren, Menschen mit Behinderung einzustellen? Es wäre doch
einfach, sich auf diese Entschädigung zu berufen, damit man um alles,
was zugunsten von Mitarbeitenden mit Behinderung wäre, herumkommt.
Okay, lassen Sie uns darüber diskutieren, wenn sich die Arbeitgeber
um Menschen mit Behinderung zu reissen beginnen! (lacht) Aber im Ernst:
Seit langem bezahlen die Arbeitgeber lieber Sozialabgaben, als dass sie
Menschen mit Behinderung integrieren. Zurzeit, angesichts der hohen
Arbeitslosigkeit, ist es illusorisch, eine signifikante Verbesserung der
Situation von Menschen mit Behinderung auf dem Arbeitsmarkt zu
erwarten. Der Arbeitsmarkt, der heute übrigens einen ziemlich
unzutreffenden Namen trägt. Wie jeder Markt sollte er eigentlich den
Gesetzen von Angebot und Nachfrage entsprechen. Tatsächlich aber
herrschte nie zuvor ein solches Ungleichgewicht zwischen Angestellten,
die eine Stelle dringend nötig hätten, um leben zu können, und
Arbeitgebern, die aus ihrer Position der Stärke heraus in einem
unerschöpflichen Teich fischen können! Wir appellieren an das
Verantwortungsbewusstsein für Menschen, die keine Wahl haben. So ist die
Garantie für ein bedingungsloses Einkommen ein echtes Empowerment für
alle – egal ob sie bei guter Gesundheit sind oder nicht!"
Vor etlichen Jahren hatte einst Martina Steinheuer darüber geschrieben, was es in Deutschland heißt, auf Unterstützungsleistungen in diesem Falle angewiesen zu sein.
Siehe auch "Behinderung, häusliche Pflege und das Bedingungslose Grundeinkommen"