31. Oktober 2016

"Kindergrundsicherung, bedingungsloses Grundeinkommen" - Eindrücke von der Anhörung

Am 27. Oktober fand die Anhörung zu einem Antrag der Fraktion der Piraten im Ausschuss für Familie, Kinder und Jugend des Landtags von Nordrhein-Westfalen statt. Den vorab einsehbaren Stellungnahmen einiger Sachverständiger, die geladen waren, konnte schon entnommen werden, woher der Wind weht: Anreize, Anreize, Anreize - Vereinbarkeit von Familie und Beruf - Bekämpfung von Kinderarmut durch den Ausbau von Betreuungsinfrastruktur, um Erwerbstätigkeit von Eltern zu fördern. Um die Eigenheiten von Familie und wie Eltern sich dieser Herausforderung am besten stellen könnten, ging es im Grunde kaum, denn die meisten Vorschläge zur "Bekämpfung" von Kinderarmut liefen darauf hinaus, die Erwerbschancen von Eltern zu stärken, nicht aber ihre Entscheidungsmöglichkeiten für ihre Kinder dazusein.

Dominik Enste vom Institut der deutschen Wirtschaft führte - wie schon im Juni - ein einprägsames Beispiel dafür an, was es mit der bedingungslosen Zuwendung in Familien auf sich hat. Auch die Hinwendung von Eltern sei nicht so bedingungslos, denn sie erwarteten als Gegenleistung für ihre Mühen eben doch eine Gegenleistung: das Lächeln des Säuglings. Das brachte er wieder in Zusammenhang mit der Gegenleistung für Hilfeleistungen des Gemeinwesens.

Aufschlussreich war auch seine Bemerkung, dass er den Eindruck habe, das BGE werde von Menschen gefordert, die ihre Produkte am Markt nicht loswürden, woraufhin Daniel Düngel, Ausschussmitglied für die Piratenfraktion, auf dm und das Engagement von Götz Werner hinwies. Dass ein Sachverständiger eine solch argumentationslose, herablassenden Bemerkung äußert, um einen Vorschlag wie das BGE als unseriös zu erklären, kann einen verwundern.

Eine wichtige Anmerkung sei abschließend noch gemacht. In der Anhörung, unter anderm von Herrn Enste, wurde das Armutsfallentheorem als Begründung dafür bemüht, weshalb ein BGE eine schlechte Idee sei. Dieses Theorem, das sehr verbreitet ist, aber einer empirischen Prüfung nicht standhält, besagt, dass zwischen Transferleistung und Lohn ein nennenswerter Abstand (Lohnabstandsgebot) gegeben sein müsse, damit Transferleistungbezieher einen "Anreiz" haben, den Leistungsbezug zu verlassen. Verschiedene Untersuchungen der dynamischen Armutsforschung haben sich einer empirischen Überprüfung des Theorems gewidmet. Sie konnten zeigen, dass es empirisch nicht gedeckt ist. Dennoch halten viele Wissenschaftler unbeirrt an ihm fest.


Einige Arbeiten, die sich mit dem Theorem beschäftigen:

Zur Kritik des Armutsfallentheorems (Ronald Gebauer und Hanna Petschauer)
Die Arbeitslosigkeitsfalle vor und nach der Hartz-Reform (Georg Vobruba und Sonja Fehr)
Fordern statt Fördern? – Nein! Wege aus Arbeitslosigkeit und Armut erleichtern (Ronald Gebauer)

Arbeit gegen Armut. Grundlagen, historische Genese und empirische Überprüfung des Armutsfallentheorems (Ronald Gebauer)

Das Protokoll der Ausschussitzung soll in den nächsten Monaten online verfügbar sein.

Sascha Liebermann

28. Oktober 2016

Stellungnahme von Ute Fischer zur Anhörung im Landtag online

Die Stellungnahme von Ute Fischer zur öffentlichen Anhörung des Hauptausschusses des Landtags Nordrhein-Westfalen zum Antrag der Fraktion der PIRATEN, Drucksache 16/11692, zum „Abschied von der Arbeitsgesellschaft“, am 30 Juni, ist online zugänglich. Das Protokoll der Ausschusssitzung sowie einen Kommentar dazu von Sascha Liebermann finden Sie hier.

27. Oktober 2016

26. Oktober 2016

"Robots, Growth and Inequality"...

...ein Beitrag von Andrew Berg, Edward F. Buffie und Luis-Felipe Zanna auf der Website des Internationalen Währungsfonds.

25. Oktober 2016

24. Oktober 2016

Forum Bedingungsloses Grundeinkommen - Dokumentation online

Im September 2015 lud Sascha Liebermann zu einem "Forum Bedingungsloses Grundeinkommen" an die Alanus Hochschule in Alfter ein. Die Veranstaltung diente dazu, der wissenschaftlichen Auseinandersetzung ein Forum zu bieten, auch um das Augenmerk auf Fragen zu richten, die in der Grundeinkommensdiskussion nur eine geringe Rolle spielen. PD Dr. Alexander Spermann sprach über das BGE im Zusammenhang mit etwaigen Folgen der Digitalisierung auf die Arbeitswelt; PD Dr. Johannes Twardella befasste sich mit der Frage, was die Unterrichtsforschung (Schule) dazu beitragen kann, etwaige Auswirkungen eines BGE zu beleuchten; Sascha Liebermann und Hendrik Muijsson untersuchten Deutungsmuster zu Familie in den sozialpolitischen Diskussionen des vergangenen Jahrzehnts sowie die normativen Implikationen des "Elterngeldes" und kontrastierten dazu, wofür ein BGE stehen könnte. Die Dokumentation ist hier verfügbar.

20. Oktober 2016

Grundeinkommen im Landtag von Nordrhein Westfalen - Stellungnahmen der Sachverständigen online

Zur Vorbereitung der Anhörung im Landtag von Nordrhein Westfalen, die sich auch mit dem Bedingungslosen Grundeinkommen befasst, werden sukkzessive die Stellungnahmen der geladenen Sachverständigen zu vorformulierten Fragen des Ausschusses online verfügbar gemacht. Sie finden sie hier. Der Ausschuss für Familie, Kinder und Jugend tagt am 27. Oktober, ab 14 Uhr.

19. Oktober 2016

18. Oktober 2016

17. Oktober 2016

Bedingungsloses Grundeinkommen im 3Sat-Magazin makro - Video online verfügbar


Die gesamte Sendung bei 3Sat finden Sie hier.

14. Oktober 2016

Fehlende Sensibilität der Grundeinkommensbefürworter oder von Christoph Butterwegge?

In einem Vorab-Interview zum heutigen Feature im 3Sat-Magazin makro (einige Videos sind schon online) über das Bedingungslose Grundeinkommen äußert sich Christoph Butterwegge, Politikwissenschaftler an der Universität Köln, zur Diskussion um ein BGE.

Nicht überraschend ist seine Einschätzung, hat er sich doch in den letzten Jahren immer vehement gegen ein BGE ausgesprochen und dabei nicht mit Etikettierungen der Befürworter gespart. Im Interview auf 3Sat geht es zu Beginn über etwaige Folgen der Digitalisierung, die schwer abzuschätzen, aber auch nicht einfach abzutun sind. Butterwegge sagt:

"Immer dann, wenn es technologische Innovationen im Sinne einer Revolution gab, wurde behauptet, dass der Gesellschaft die Arbeit ausgehe. Das war nach Erfindung der Dampfmaschine, der Elektrizität, der Roboter und der Computer so, stimmte aber nie. Heute werden die Menschen mit Schlagworten wie "Industrie 4.0" oder "Digitalisierung" hinter die Fichte geführt, damit sie Angst vor dem Arbeitsplatzverlust bekommen und Reallohnverluste oder schlechtere Arbeitsbedingungen akzeptieren. Dabei fehlen im sozialen, im kulturellen, im Bildungs- und im Pflegebereich jede Menge Arbeitskräfte".

Dass er sofort eine Täuschungsstrategie in der Debatte ausmacht, ohne ein sachhaltiges Argument dagegen vorzubringen, überrascht als Erstes. Denn mit den verfügbaren Daten zur Entwicklung des Arbeitsvolumens ist seine Einschätzung nicht zur Deckung zu bringen. Gerhard Schildt hat vor einigen Jahren schon darauf hingewiesen, dass das Arbeitsvolumen in Deutschland seit 1880 enorm gesunken ist. Ob es nicht noch viel stärker hätte sinken können bei gleichzeitigem Wertschöpfungszuwachs, ist unklar (siehe meinen Kommentar).
Die Hysterisierung der öffentlichen Debatte, da wäre ihm zuzustimmen, erschwert eine sachliche Diskussion allerdings. Die Frage, was auf uns zukommt, herunterzuspielen, ist allerdings ebenso wenig angemessen. Überhaupt fällt auf, wie sehr, wenn es um Digitalisierung geht, immer die Sorge um Arbeitsplätze die Beschäftigung mit dem Thema dominiert. Alleine diesbezüglich könnte ein BGE schon für Gelassenheit sorgen, das erlaubte dann einen angemesseneren Umgang mit den Möglichkeiten durch Digitalisierung.

Butterwegge verweist auf das Fehlen von Arbeitskräften in bestimmten Bereichen, um die Diskussion über technologische Arbeitslosigkeit in eine andere Richtung zu biegen. Ist das eine triftige Antwort? Nein, solange es keine Zwangsverpflichtung zu Erwerbstätigkeit gibt, ist es praktisch immer möglich, dass Stellen unbesetzt bleiben. Die Beschränkung der Diskussion um das Arbeitsvolumen liegt vor allem darin, nur über Erwerbstätigkeit zu sprechen und den größeren Brocken an Leistungen, der in Haushalten erbracht wird, gar nicht zu erwähnen. Butterwegge erweist sich hier als Vertreter derer, die den größten Teil (unbezahlte Tätigkeiten) des gesamten Arbeitsvolumens (bezahlte und unbezahlte Tätigkeiten) stets unter den Tisch fallen lassen (siehe auch die Erhebung des Statistischen Bundesamtes "Wie die Zeit vergeht", insb. S. 7, den Datenreport 2016, S. 363. Dort wird auch erläurtert, was die statistischen Erhebungen überhaupt erheben). Was Butterwegge von der Auseinandersetzung mit unbezahlten Tätigkeiten und dabei dem größten Posten familialer Tätigkeiten hält, können Sie hier nachlesen.

Ein Rückfall hinter Erreichtes ist seine Haltung zur Frage, ob das Existenzminimum allen gewährt werden soll, die in einem Gemeinwesen leben oder nicht. Heute haben wir eine klare Haltung dazu, es soll allen gewährt werden. Butterwegge sieht das offenbar anders:

"...Was soll daran fair sein, wenn der Milliardär dieselbe Summe ausgezahlt bekommt wie der Müllwerker? Besteuert man es dem Milliardär wieder weg, ist das Grundeinkommen nicht bedingungslos, sondern an die Bedingung geknüpft, dass keine anderen Einkommensquellen vorhanden sind. Gleiches sollte gleich und Ungleiches ungleich behandelt werden."

Es zeichnet das Existenzminimum heute eben gerade aus, dass es in Absehung davon bereitgestellt wird (solange man nicht Arbeitslosengeld II oder vergleichbare Leistungen bezieht), über welches Einkommen man verfügt. In Gestalt des Grundfreibetrags in der Einkommensteuer wird das heute auch für diejenigen vollzogen, die über Einkommen verfügen. Über die Höhe kann immer gestritten werden. Es würde, so zumindest ein häufiges Plädoyer in der Diskussion, über das BGE hinaus auch bedarfsgeprüfte Leistungen geben. Weshalb will Butterwegge etwas nicht fortführen, das wir heute schon praktizieren?

Sein Verständnis von Bedingungslosigkeit gibt Rätsel auf. Was meint er hier? Das BGE des Miliardärs soll doch gar nicht besteuert werden, allenfalls andere Einkommensarten sind dafür vorgesehen (je nach Vorschlag). Dass indirekte Steuern immer alle betreffen, ist ein ganz anderer Punkt und ändert an der Bedingungslosigkeit nichts. Denn sonst wäre ein BGE immer nur dann bedingungslos, wenn es keine indirekten Steuern gäbe. Das ist eine sehr spezielle Deutung der Bedingungslosigkeit.

Weiter sagt er:

"Wer mehr soziale Gerechtigkeit verwirklichen möchte, benötigt dafür einen starken Sozialstaat, der Hilfebedürftige, aber nicht Wohlhabende und Reiche finanziell unterstützt. Um zwischen beiden Gruppen differenzieren zu können, braucht man eine staatliche Bürokratie, die nach Bedarfsgerechtigkeit strebt. Würde ein Grundeinkommen verwirklicht, hätten die Neoliberalen ihr Hauptziel erreicht: den Sozialstaat zerschlagen und freie Bahn für den Markt geschaffen."

Wer Bedarfsgerechtigkeit zum ausschließlichen Kriterium erhebt, muss die Folgen mittragen. Die sehen wir im heutigen Gefüge der Sozialgesetzgebung. Sicher könnte manches darin verändert, könnten Leistungen anders gestaltet werden, aber eines bliebe unverändert: der Vorrang von Erwerbstätigkeit vor allem anderen - dessen Komplementär ja die Bedarfsprüfung ist. Denn erst, wer nicht erwerbstätig sein kann, hat eben Anspruch auf diese Leistungen, ganz gleich in welchem Umfang sie bereitgestellt werden. Von einer "repressionsfreien Grund- oder Mindestsicherung" zu sprechen ist da bloß eine kosmetische Formel vergleichbar der Umdeklarierung von Erwerbslosen zu Kunden der Arbeitsagentur. Ein Sozialstaat, der seinen Lebensquell in der Erwerbstätigkeit sieht, belohnt immer ein bestimmtes Handeln (bezahlte Arbeit) und bestraft ein anderes (unbezalte Arbeit), in dem keine oder nur unter bestimmten Bedingungen Ansprüche auf Versicherungs- bzw. Transferleistungen erworben werden.

Dann sagt Butterwegge:

"...Nein, nicht zufällig gehören namhafte Unternehmer und Spitzenmanager großer Konzerne wie der Telekom und der Post zu den Verfechtern eines bedingungslosen Grundeinkommens. Denkt man die Grundeinkommenslogik zu Ende, könnten schließlich alle übrigen Sozialleistungen abgeschafft und alle sozialpolitisch motivierten Regulierungen des Arbeitsmarktes gestrichen werden. Es gäbe womöglich keinen Schutz vor Kündigungen mehr, sondern bloß noch betriebliche Abfindungsregeln."

Dass Butterwegge nur diese "Verfechter" anführt, mag ideologisch begründet sein, das Spektrum der Befürworter ist ja viel breiter und diverser. Könnte, könnte - wenn es gewollt wäre. Aber wer befindet darüber? Wenn die Bürger tatsächlich damit einverstanden wären, dass "alle Sozialleistungen abgeschafft" werden sollen, dann würde es wohl geschehen. Will Butterwegge sie vor sich selbst retten? Ein anmaßendes Unterfangen. Warum denkt Butterwegge nicht in die andere Richtung: Verhandlungsmacht, Option zum Nein-Sagen, nicht mehr erpressbar usw. - all das wären ebenfalls Folgen eines BGEs. Dazu müsste er aber in die Mündigkeit der Bürger, in die Bereitschaft und Veranwortung sich zu organisieren vertrauen und auch wenn diese nicht geschähe, es als demokratische Willensbildung gelten lassen können.

In der Tat müsste es Mindestlöhne nicht mehr geben, wenn die Existenzsicherung durch das BGE erreicht wäre, aber was wäre daran das Problem? In Kombination mit der Verhandlungsmacht können sehr wohl neuartige Rahmenbedingungen entstehen, die es erschweren, ein bestimmtes Lohnniveau zu unterschreiten. Wer aber nicht verhandeln will, würde eben nicht verhandeln, das BGE hätte er ja ohnehin. Dann kommt Butterwegge wieder mit dem Kombilohn-Vergleich, das BGE ist aber gerade kein Kombilohn.

Folgende Passage ist noch aufschlussreich:

"makro: Einer der prominentesten Befürworter des bedingungslosen Grundeinkommens ist Götz Werner. Er fordert 1000 Euro für jeden. Könnte so ein fester monatlicher Betrag nicht vielen Leistungsempfängern Armut und Demütigung ersparen?
Butterwegge: Das bezweifle ich. Götz Werner, Gründer der dm-Drogeriemarktkette, möchte sämtliche Steuerarten abschaffen, die Großunternehmer wie er zahlen müssen: die Reichensteuer, die Gewerbesteuer und die Körperschaftsteuer, die Einkommensteuer der Kapitalgesellschaften. Refinanzieren möchte Werner das Grundeinkommen durch eine drastische Erhöhung der Mehrwertsteuer, obwohl diese besonders kinderreiche Familien von Geringverdienern und Transferleistungsbeziehern hart trifft, weil sie praktisch ihr gesamtes Einkommen in den Alltagskonsum stecken müssen."

Bezweifeln kann man Vieles, was ist das Argument gegen diese Möglichkeit, "Armut und Demütigung" zu ersparen? Butterwegge richtet sich nur gegen den Vorschlag einer Konsumsteuer, die andere Steuerarten überflüssig machen soll laut Götz W. Werner. Das alleine rechtfertigt aber Butterwegges Zweifel nicht. Er hätte, wenn er ernsthaft aufgeschlossen wäre, genau so argumentieren können, dass dieses Ziel - "Armut und Demütigung" zu ersparen - richtig sei, ein BGE entsprechend ausgestaltet sein müsste. Es geht Butterwegge aber gar nicht um eine Klärung dieser Frage, es ist ein Werturteil, das ihn leitet: es kann nicht sein, was nicht sein darf. Dass die heute anzutreffende Ungleichheit in den Einkommen auch mit der viel geringeren Verhandlungsmacht der Arbeitnehmer zu tun hat, kommt ihm gar nicht in den Sinn. Welchen Anteil die Idolatrie der Erwerbsarbeit daran hat, der jeder Arbeitsplatz besser als keiner ist, liegt auf der Hand. Ein klares Verständnis davon, was unser Gemeinwesen zusammenhält, eben nicht Erwerbsarbeit, fehlt weitgehend. Eine Konsumsteuer könnte dann mit entsprechend gestalteten Freibeträgen, die noch höher sind als das BGE, sinnvoll sein, wenn diese Ungleichheit durch die Verhandlungsmacht langfristig wieder relativ gerade gerückt wäre, das scheint ihn aber nicht zu interessieren.

Dann äußert er folgendes:

"Während ein Milliardär wie Götz Werner seiner Gattin den nächsten Brillantring auf den Bermudas oder den Bahamas ohne hohe Steuerlast kaufen könnte, würden Mittelschichtangehörige und Arme ihr Grundeinkommen selbst finanzieren, wenn sie im heimischen Kiez einkaufen gehen. Wie man sieht, bildet die Refinanzierung des Grundeinkommens seine Achillesferse, zumal es prominenten Befürwortern des Grundeinkommens an sozialer Sensibilität, Empathie und Solidarität mit den Unterprivilegierten fehlt."

An Vorurteilen mangelt es ihm auch nicht, damit zeigt er dieselbe Haltung wie diejenigen, die über "Hartz-IV-Schmarotzer" herziehen, nur andersherum. Mangelt es Butterwegge womöglich an "sozialer Sensibilität, Empathie und Solidarität", wenn er die Stigmatisierungen, die der um Erwerbstätigkeit konstruierte Sozialstaat hervorbringt, einfach unter den Tisch fallen lässt?

Sascha Liebermann

13. Oktober 2016

12. Oktober 2016

11. Oktober 2016

10. Oktober 2016

"Wir brauchen eine Volksabstimmung über das Bedingungslose Grundeinkommen"...


...die Fraktion der Piratenpartei im Landtag von Nordrhein Westfalen nutzt ein weiteres Mal ihre Möglichkeiten, um über das Bedingungslose Grundeinkommen zu diskutieren.

7. Oktober 2016

Bedingungsloses Grundeinkommen erneut im Landtag von Nordrhein Westfalen Thema

Erneut wird es eine Anhörung im Landtag von Nordrhein Westfalen geben, die sich mit dem Bedingungslosen Grundeinkommen befasst. Der Ausschuss für Familie, Kinder und Jugend tagt am 27. Oktober, ab 14 Uhr. Verschiedene Sachverständige sind dazu eingeladen, unter anderem auch Sascha Liebermann, zu vorformulierten Fragen Stellung zu beziehen (siehe obigen Link). Im vergangenen Juni befasste sich der Hauptausschuss mit dem Bedingungslosen Grundeinkommen, siehe den Kommentar von Sascha Liebermann dazu hier.

6. Oktober 2016

Grundeinkommensdiskussion in Kanada - Was ist der Stand der Dinge?

Kate McFarland schrieb dazu Anfang September für die Basic Income News unter anderem:

"The pilot is designed to test a guaranteed minimum income, in which participants’ total incomes are topped up to above the poverty line. This income subsidy will supplement any support received from existing anti-poverty programs, which will not be eliminated or replaced during the pilot.

Thus, although it is often referred to by the term ‘basic income’, the policy to be tested in Ontario should be distinguished from the commonly discussed “demogrant” model of basic income, wherein all individuals receive a regular payment of the same amount, regardless of other earnings or total income. Ontario will be investigating a program that supplements the earnings of individuals whose incomes are below a certain level (e.g. the poverty line). In this respect, the pilot is similar to Manitoba’s well-known “Mincome” experiment of the late 1970s."

Mitte September erschien ein Bericht mit dem Titel "Pilot Lessons
How to design a basic income pilot project for Ontario", der Empfehlungen macht, wie ein Experiment angelegt sein sollte. Eine der Autoren ist Evelyn L. Forget, die vor wenigen Jahren Auswertungen der Daten des Mincome-Experiments aus den 70er Jahren in Manitoba veröffentlichte und dabei mit manchem Vorurteil aufgeräumt hatte (siehe "The Town with no Poverty").

Sascha Liebermann

5. Oktober 2016

"Gratis-Geld für alle Soll der Staat unser Leben finanzieren?"...

...eine Diskussionsrunde um Pro & Contra Bedingungsloses Grundeinkommen im Österreichischen Fernsehen Puls 4.

4. Oktober 2016

"Unmut über das undankbare Volk...

"Irre Beschäftigungseffekte"...
...Viele Politiker empfinden die Abstiegsängste der Bürger als eine Art Wahrnehmungsstörung. Da muss man sich fragen, ob diese Politiker überhaupt wissen, welche Politik sie zu verantworten haben."

Ein Kommentar von Frank Lübberding in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung zur letzten Sendung von Maybrit Illner, in der es um "Abstiegsängste der Bürger" ging, legt den Finger in manche Wunde. Lübberding zeigt auf, dass es sich bei den angesprochenen Ängsten keineswegs um eine gestörte Wahrnehmung der Bürger handelt, sondern um eine reale Bedrohung durch die Sozialpolitik. Ihr Gebaren, durch Sanktionen Folgsamkeit erreichen zu wollen, spricht Bände. Wer wissen will, was im Fall von Erwerblosigkeit, die länger als ein Jahr dauert, auf ihn zukommt, weiß es: Arbeitslosengeld II. Das sagt alles über unsere Vorstellung von Solidarität, wie wenig wir auf die Bereitwilligkeit vertrauen, dass in der Regel die Bürger beitragen wollen. Aber was heißt hier beitragen? Der Abstiegsangst stand in der Sendung - wieder einmal (siehe frühere Kommentare dazu hier und hier) - die Feier der guten Wirtschaftslage und der hohen Zahl von Erwerbstätigen durch den Ifo-Präsidenten Clemens Fuest und den CDU-Politiker Ralph Brinkhaus gegenüber, dem die SPD-Ministerpräsidentin Malu Dreyer allerdings in nichts nachstand (vgl. dazu "Was die Arbeitslosenstatistik verschweigt").

"Irre Beschäftigungseffekte"...
Jede Arbeit sei eben besser als keine - und da Haushaltstätigkeiten oder bürgerschaftliches Engagement bekanntlich keine Arbeit sind, keinen Beitrag zum Gemeinwohl darstellen, zählen sie nicht. Von daher kann die steigende Teilzeittätigkeit von Frauen als großer Erfolg gefeiert werden, wie Fuest es tat. Dazu muss man nur darüber hinweggehen, dass die steigende Teilzeittätigkeit zur Kehrseite hat, die Zeit für Engagement in der Familie zu reduzieren. Man kann nicht auf zwei Hochzeiten tanzen, um es salopp auszudrücken. Genau das bestätigt die jüngste Pressemitteilung des Statistischen Bundesamtes zur Betreuungsquote von Kindern unter 3 Jahren. Sicher, wenn Entwicklungen den eigenen Werturteilen entsprechen, dann begrüßt man das, ein Wissenschaftler hingegen hat die Verantwortung, das Ganze in den Blick zu nehmen und Konsequenzen in jede Richtung zu sondieren, die eine Entwicklung hat. Das tat er jedoch nicht.

Dass sowohl die gestiegene Teilzeiterwerbstätigkeit als auch die Abstiegsängste etwas damit zu tun haben, was unsere Sozialpolitik an Solidaritätsvorstellungen aussendet, liegt auf der Hand. Und dennoch sind wir nicht in der Lage bislang, in eine andere Richtung zu blicken. Wie sehr die Diskussionen um Folgen von Digitalisierung, das Renteneintrittsalter, die vermeintliche Reduzierung von Erwerbslosigkeit u.a. von gestern sein könnten, wenn wir ein Bedingungsloses Grundeinkommen hätten; wie sehr dieses dann den Blick auf andere Fragen freigeben würde, lässt sich leicht erahnen.

Sascha Liebermann