2. Dezember 2020

Mitgenommen werden oder mitkommen? Für einen Vorschlag kann man nur werben, mitkommen müssen die Umworbenen schon selbst

Nachtrag: Worauf sich diese Einschätzung von Stefan Bach stützt, ist unklar, womöglich rekurriert sie auf die mediale Berichterstattung über die Diskussion, in der in der Tat häufig dieselben Protagonisten porträtiert werden, z. B. der Verein Mein Grundeinkommen. Grund für diese Einschätzung könnte auch eine Befragung sein, die das DIW selbst durchgeführt hat. Ich kann diese Einschätzung nicht nachvollziehen, entspricht sie nicht meinen Erfahrungen aus eigener öffentlicher Vortragstätigkeit in den letzten 16 Jahren, die eher zeigt, dass das Interesse an der Thematik breit ist und unterschiedliche Milieus betrifft. Es ist aber auch so, dass gerade diejenigen, die an der Armutsgrenze oder in Armut leben oder gar im Arbeitslosengeld II-Bezug sind, sich allenfalls in Vier-Augen-Gesprächen nach einer Veranstaltung zu erkennen geben. Abgesehen davon wäre es historisch gar nicht überraschend, wenn sich in Fragen, die das Selbstverständnis eines Gemeinwesens betreffen, gerade Bürger hervortun, die nicht von täglicher Not geplagt sind und die Freiräume haben, um sich grundsätzliche Fragen zu stellen und diesen nachzugehen.

In einer Demokratie ist die politische Öffentlichkeit der entscheidende Ort, um für Alternativen zu werben, nicht Expertenrunden oder Zirkel anderer Art. Insofern kommt es also darauf an, solche Argumente für und wider ein BGE in die Öffentlichkeit zu tragen und sich dort damit auseinanderzusetzen. Hier muss niemand abgeholt - wie es pädagogisch formuliert heute heißt - oder "mitgenommen" werden. Probleme klar anzusprechen, alternative Lösungen zu entwerfen und für diese zu werben, das ist entscheidend.

Sascha Liebermann