29. Juni 2020

"Ich will nicht dafür bezahlt werden, dass ich meine Kinder ins Bett bringe" - und was wäre der Ausweg?

In ihrem Beitrag in der Berliner Zeitung greift Sabine Rennefanz einen wichtigen Aspekt in der Diskussion um "unbezahlte Arbeit" auf, und zwar die Frage danach, wie diese Leistung Anerkennung finden kann, ohne entweder als bloße Privatsache eingestuft oder in Anlehnung an ein Erwerbsverhältnis bezahlt zu werden. Selbst die Forderung nach einem "Nachteilsausgleich", auf den sie sich bezieht, orientiert sich noch an Erwerbsverhältnissen, z. B. Lohneinbußen, Einbußen im Erwerb von Ansprüchen an Arbeitslosen- oder Rentenversicherung oder ähnliches.

Die Autorin wendet sich gegen die Kommodifizierung eines bestimmten Beziehungsgefüges, hier des familialen. Wie will sie das erreichen? Durch eine "familienfreundliche[re]" "Arbeitswelt" (siehe zur "Vereinbarkeit von Familie und Beruf" hier), also womöglich andere Arbeitszeitmodelle, Väter sollen mehr in die Pflicht genommen werden - es fragt sich nur von wem und wie, etwa zwangsverpflichtet? Die Auswege, die Frau Rennefanz bietet, sind also auf der einen Seite weiterhin erwerbsorientiert, auf der anderen weisen sie in Richtung öffentlich bewehrter Verpflichtungsmaßnahmen à la zusätzlicher Elterngeldmonate. Ein wenig Bürgererziehung kann nicht schaden - zumindest würde das darauf hinauslaufen. Oder soll die Verhandlung darüber den Paaren überlassen werden? Dann bräuchten sie überhaupt erst eimal die Möglichkeit, sich gegen Erwerbsarbeit entscheiden zu können, ohne gegen das Erwerbsgebot zu verstoßen. Das geht heute gar nicht. Wie aus der Lage herauskommen, ohne in eine der genannten Richtungen zu gehen? Es geht nur mit einer Einkommensabsicherung, die davon unabhängig ist - also einem Bedingungslosen Grundeinkommen. Das erwähnt die Autorin mit keiner Silbe, lässt aber erahnen, dass sie es für eine "Herdprämie" halten könnte.

Sascha Liebermann