Die Abstimmungsbeteiligung lag den Angaben zufolge bei 43,7%."
"Volksentscheid gescheitert: Kein Grundeinkommen-Test in Hamburg"
Die Abstimmungsbeteiligung lag den Angaben zufolge bei 43,7%."
...Bürger konsequent zum Erwerbstätigen degradiert, das war im erwerbszentrierten Sozialstaat schon lange so und wurde nur semantisch nachgeholt.
— Sascha Liebermann (@SaschaLieberman) October 10, 2025
Wichtiger Satz? Ein Nebenschauplatz angesichts der geringen Zahl, über die es Daten gibt. Aber man kann sich einreden, für die Gerechtigkeit einzutreten. Die sprachkosmetische Rückkehr zu Hartz IV wird als Fortschritt verkauft. https://t.co/qMjOsGKwGi
— Sascha Liebermann (@SaschaLieberman) October 9, 2025
Trotz wiederholter Widerlegung abenteuerlicher Berechnungen, die behaupteten, Erwerbsarbeit lohne sich nicht mehr für Bürgergeldbezieher (siehe hier und hier), führte die CDU munter die Kampagne weiter. Als nächstes waren die "Totalverweigerer" an der Reihe, die vom Bürgergeld angeblich angelockt wurden, weil sie es als "bedingungsloses Grundeinkommen" verstanden. Auch diesen Beleg blieb die CDU schuldig. Wiederholt behauptete sie, es handele sich um eine enorme Zahl an Personen, die zu unrecht Bürgergeld beziehen - ohne das belegen zu können. Sachkundige Experten halfen nach und widerlegten die Behauptungen flugs.
Was glaubt die amtierende Bundesregierung wohl, wer auf diese Umetikettierung hereinfällt, für wie dumm werden die Bürger gehalten? Sie arbeitet damit genau denjenigen zu, die immer behaupten, dass die Bürger für dumm verkauft werden.
Sascha Liebermann
Große Worte, heiße Luft, einfach Rückkehr zu Hartz IV https://t.co/mB2N7Mz2dA
— Sascha Liebermann (@SaschaLieberman) October 9, 2025
Wer hat das Bürgergeld denn so verstanden? Eine Mär ist das. Wer es so missverstanden haben sollte, dem wäre spätestens bei der Beantragung klar geworden, worum es geht. https://t.co/iGv9A5AtsL
— Sascha Liebermann (@SaschaLieberman) October 9, 2025
Sie benennen als das "Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende" in "Grundsicherung für Arbeitsuchende" um und halten das für ein Novum? Als habe es verschärfte Sanktionen und ihre negativen Folgen nicht schon gegeben.(https://t.co/Jt5h5DdCYt) https://t.co/ia41E5BEPm
— Sascha Liebermann (@SaschaLieberman) October 9, 2025
Und dieser "kleinen Gruppe" wegen werden solche Maßnahmen aufgefahren? Es handelt sich um eine sehr kleine Zahl im Verhältnis zu den Beziehern und was erreicht man denn damit (https://t.co/ikJORagXBA)? https://t.co/HmT9CcTxPP
— Sascha Liebermann (@SaschaLieberman) October 9, 2025
...ein Interview mit dem kürzlich verstorbenen Soziologen Claus Offe, das im Jahr 2023 für Jacobin geführt wurde, in dem er auf die "doppelte Machtbeziehung in Arbeitsverhältnissen" hinweist und welche Folgen es hat, wenn Erwerbstätigkeit als normativ herausragende Quelle von Einkommen verstanden wird. Am Ende des Interviews sagt Offe:
"Je reicher die Volkswirtschaften sind, desto geringer ist ihr weiteres Wachstum. Das heißt, die Verteilung des gesellschaftlichen Reichtums durch Arbeitsverträge und Arbeitslöhne ist ein Modell, das nicht mehr ausreicht. Deshalb muss es andere Modelle geben, nämlich Grundeinkommen, Transfer, nationale Dividenden, also die Verteilung gesamter volkswirtschaftlicher Leistungen und Erträge an Bürgerinnen und Bürger – und nicht nur an Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer."Hier könnte man ihm entgegenhalten, dass ein BGE sein Recht nicht daraus bezieht, ein nicht mehr funktionierendes Verteilungssystem zu reparieren, sondern daraus, die Verteilungsfrage grundsätzlich anders zu beantworten. In anderen Beiträgen hat er das durchaus thematisiert, z. B. hier "Familienleistung jenseits der Marktarbeit - das bedingungslose Grundeinkommen" und hier "Armut, Arbeitsmarkt, Autonomie". Wie wenige hat er herausgehoben, dass es bedeutet, ein BGE von den "citizen rights" herzuleiten, es gehe dabei um ein Bürgerrecht und keine fiskalische Technik der Steuervereinfachung.
Sascha Liebermann
Meine methodischen Einwände liegen bezüglich Pilotprojekten auf mehreren Ebenen: 1) Die Anrechnung, ob vor- oder nachgelagert, macht keinen Unterschied, das GE steht nicht für sich. Hierbei geht es um die normative Stellung, die ein solches GE hat. ...
— Sascha Liebermann (@SaschaLieberman) October 4, 2025
....auf die Rückfrage von Joy Ponader habe ich in diesem Thread eine Kurzantwort gegeben. Eine längere finden Sie hier.
Abgesehen davon besteht die Gefahr des Szientismus, also der Vorstellung, nur weil es wissenschaftliche Erkenntnisse gibt, sei das schon eine Antwort darauf, ob ein BGE praktisch gewollt werden müsste.
Sascha Liebermann
...eine Rezension des Buches von Ronald Gebauer, Hanna Petschauer und Georg Vobruba "Wer sitzt in der Armutsfalle" (2001) von Agnes Streissler aus dem Jahr 2003, die einen Überblick über die Ergebnisse gibt. Auf diese Studie von Gebauer und Kollegen haben wir immer wieder verwiesen (siehe hier und hier mit weiteren Quellenverweisen), weil sie ein Theorem auf seinen Realitätsgehalt prüft, das noch immer Debatten um Sozialhilfe bzw. Bürgergeld prägt. Selbst in der BGE-Diskussion wird auf das dem Lohnabstandsgebot unterliegende Theorem der Armutsfalle Bezug genommen, und zwar dann, wenn darauf hingewiesen wird, wie das BGE den Lohnabstand sicherstellte. Damit wird aber unterstellt, dass dieser Lohnabstand der entscheidende Grund dafür sei, ob es sich lohne, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Grund für diese verkürzende Betrachtung der Motivierung von Handeln ist die Behauptung, Anreize seien entscheidend, vor allem einer: der Nutzen des Lohns bzw. der Zusatzgewinn durch höheres Einkommen. Genau diese Behauptung bürstet die Studie gegen den Strich.
Sascha Liebermann
Ja, damit es ist nicht das, was Bedingungslosigkeit in der Diskussion bedeutet, denn GE und andere Einkommen werden zueinander ins Verhältnis gesetzt, die normative Seite ist entscheidend (https://t.co/HoaXfzklQd) https://t.co/XtPj9rVTvD
— Sascha Liebermann (@SaschaLieberman) October 2, 2025
"Was sollte man stattdessen machen?
[Kirchschläger] Ehrlicher wäre es, anzuerkennen, dass wir das System demokratisch so anzupassen haben, damit in Zukunft alle von der Wertschöpfung durch DS profitieren können.
Wie könnte eine solche Anpassung aussehen?
[Kirschschläger] Fällt die Vollbeschäftigung weg, dann verlieren viele Menschen nicht nur ihr Einkommen. In meinem Buch führe ich 40 Funktionen auf, die eine Arbeitsstelle bietet, darunter Sinn- und Identitätsstiftung oder eine Tagesstruktur. Dem müssen wir Rechnung tragen, zum Beispiel mit meinem Society-, Entrepreneurship-, Research-Time-Modell, kurz Sert."
Offenbar geht er von erheblichen Folgen der KI-Nutzung für den Arbeitsmarkt aus, was zu Arbeitsplatzverlusten führe. Das sei aber nicht das einzige Problem, denn "viele Menschen [verlieren] nicht nur ihr Einkommen". Gewiss, Erwerbstätigkeit kann auch sinnerfüllend und für das Selbstverständnis bedeutsam sein, das würde ich nicht bestreiten. Wenn beides aber nur daran hängen sollte, wäre das eher problematisch. Nach geradezu schwarzer Pädagogik klingt es, wenn er der Auffassung ist, die Tagesstruktur (siehe auch die Äußerung Ralf Dahrendorfs dazu hier) hänge gar davon ab, erwerbstätig zu sein, als seien Menschen nicht grundsätzlich in der Lage, sich diese Struktur selbst zu geben. Wer dazu nicht in der Lage ist, hätte Beratungsbedarf, davon jedoch allgemein auszugehen, kommt einer Entmündigung gleich. Was eröffnet nun das von ihm hier eingeführte Modell Sert?"Was sieht dieses Modell vor?
[Kirchschläger] Einerseits würden alle Menschen, die wegen DS keinen Job mehr haben, ein Grundeinkommen erhalten. Dieses wäre so hoch, dass es nicht nur zum Überleben reicht, sondern auch ein menschenwürdiges Leben ermöglicht. Dafür müssten die Menschen Gesellschaftszeit leisten und einer gesellschaftlich wichtigen Aufgabe nachgehen. Diese könnten sie frei wählen, zum Beispiel geflüchteten Menschen oder Bergbauern helfen. Das Vorbild dafür ist der Schweizer Zivildienst. Gleichzeitig setzt Sert Anreize für Innovation, Forschung und Unternehmertum. Denn wer sich in diesen Bereichen engagiert, würde von der Gesellschaftszeit befreit. Die Jobs, die man nicht durch DS ersetzen kann, müsste man über hohe Löhne attraktiv machen."
Sein Grundeinkommen soll offenbar nur für diejenigen da sein, die ihren "Job" verlieren, dann wäre es ein Grundeinkommen für erwerbslos gewordene oder vielleicht doch für alle, die erwerbslos sind? Das ist hier nicht deutlich, läge aber nahe, es sei denn, er würde den Anspruch daran binden, dass sie einmal mindestens erwerbstätig waren. Das Grundeinkommen wäre dann eines, das sich aus der Erwerbsbeteiligung ableiten würden - und was erhielten die anderen? Wenn eine Bedingung für den Bezug des Grundeinkommens ist, "Gesellschaftszeit" zu leisten, müsste das Grundeinkommen wiederum für alle zugänglich sein. Neu ist diese Idee nicht, denn Anthony Atkinson schlug schon vor beinahe 30 Jahren ein "participation income" vor, dass eben genau an gesellschaftliches Engagement gebunden ist. Dass auch Kirchschlägers Vorschlag eine Angemessenheitsprüfung verlangt, liegt auf der Hand, denn ob ein solches Engagement vorliegt oder nicht, muss zuerst ermittelt oder zuvor definiert worden sein. Es bedarf auch einer Überprüfung, ob dieses Engagement noch erbracht wird, also erfordert es eine Sozialverwaltung mit Aufsichtsrechten. Auffällig ist, wie selbstverständlich Haushaltstätigkeiten nicht unter ein solches Engagement fallen, sie bleiben in Kirchschlägers Modell etwas Zweitrangiges, zumindest im Interview.
Auch die andere Seite, die angereizt werden soll - Innovation, Forschung und Unternehmertum - müssten erst ermittelt werden. Wo beginnt denn Forschung, was zählt als Innovation und was als Unternehmertum? Woran misst man das? Dass Kirchschläger nun gerade solche Beispiele wählt, ist erstaunlich, leben diese Bereiche doch ganz besonders von der von keinem "Anreiz" abhängigen starken Eigenmotivation der Personen. Geht es ihm nur um bessere Entfaltungsmöglichkeiten oder um Förderung solcher Tätigkeiten? Dann hätte er von Entfaltung und Förderung sprechen können, "Anreize" hingegen beziehen ihre Bedeutung von einem vereinfachten Reiz-Reaktions-Modell des Handelns, genau so werden sie in den Mikrosimulationsmodellen zum BGE auch eingesetzt.
Sascha Liebermann
Worum geht es, um Disziplinierung und Beschäftigung oder um wertschöpfenden Einsatz? Jemand in den Arbeitsmarkt zu drängen, der für ein Unternehmen nicht interessant ist, ist eine Beschäftigungsmaßnahme. https://t.co/RSwoQGwCyn
— Sascha Liebermann (@SaschaLieberman) September 25, 2025
Ein informativer Beitrag, weshalb aber sehen Sie einen Widerspruch zwischen Bedingungslosigkeit und Bedarfsgerechtigkeit/ Bedürftigkeitsprüfung? Das BGE bezog sich in der Diskussion immer auf die Existenzsicherung als Pauschalbetrag. Mehrbedarfe, die aus unterschiedlichen...
— Sascha Liebermann (@SaschaLieberman) September 25, 2025
Siehe auch "Über Bedarfe und Bedürftigkeit"