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1. Juni 2022

Haltung, aber welche?

Diese Frage wirft der Beitrag von Nikolaus Blome auf Spiegel Online auf. Die Einseitigkeit seiner Haltung hatte ich gestern schon kommentiert, da Blome einen Gegensatz zwischen Solidarität und Bedingungslosem Grundeinkommen entwirft, der so nicht besteht, es sei denn, Haltung gewinne man durch sanktionsbewehrte Sozialleistungen. Es finden sich in dem Beitrag noch andere Passagen, die ähnlich einseitig sind. Blome schreibt:

"Das [Aussetzen von Sanktionen, SL] aber stuft den Wert von Arbeit und Arbeiten weit herunter, weil das individuelle Bemühen darum der Allgemeinheit fortan gleichgültig zu sein hat. Seit Beginn der Coronapandemie sind übrigens auch die Vermögenskontrollen und die Prüfung auf angemessenen Wohnraum ausgesetzt. Kurzum: Mit diesem letzten Federstrich hat die Bundesregierung de facto ein bedingungsloses Grundeinkommen eingeführt, das obendrein von den markanten Inflationstreibern Miete und Heizung entkoppelt ist, weil dafür ja das Amt zahlt."

Blome erwähnt in keiner Weise, dass es um das Existenzminimum geht und die Diskussion über Sanktionen  eine ist, die sich dagegen ausspricht, das Minimum unter Vorbehalt zu stellen. Wenn, wie es weiter heißt, mit dem Aussetzen der Sanktionen die "Allgemeinheit" nichts mehr an Gegenleistung erwarten dürfe, stuft das keineswegs den "Wert von Arbeit [...] herunter", es hebt hingegen heraus, dass erfolgreiche "Arbeit" voraussetzt, dass sie zu einer Person passt und diese zu ihr. Apropos Haltung - die Haltung, die darin zum Ausdruck kommt, ist die, von der grundsätzlichen Bereitschaft bis zum Beweis des Gegenteils auszugehen, es ist dieselbe Haltung, die der Demokratie innewohnt und in der sie davon ausgeht, dass eine solche Bereitschaft sich nicht erzwingen lasse, ohne sich die eigenen Grundlagen wegzuziehen.

Blome erwähnt übrigens selbst, dass der geringste Teil der Leistungsbezieher sanktioniert wird, wäre das nicht um so mehr Grund dafür zu überlegen, welche Beschwernisse denn vorliegen, wenn sanktioniert wird? Schon vor der Pandemie lag die Sanktionsquote im Arbeitslosengeld II bei etwa 3 Prozent, wobei etwa drei Viertel der Sanktionen auf Meldeversäumnisse zurückgingen. Wirkliche Verweigerung, die Blome offenbar beschäftigt, hatte einen sehr geringen Anteil. Verweigerung im Sinne des Gesetzgebers, ohne die Gründe dafür zu eruieren. Gründe aber sind entscheidend.

"Der großartige Franz Müntefering sagte einmal, man erkenne Hartz-4-Haushalte oftmals leider auch daran, dass keine Uhr mehr an der Wand hänge. Müntefering meinte das nicht von oben herab, er war einfach nur der Meinung, dass Arbeit dem Tag eine pünktlichkeitsgebietende Struktur gibt und dem Menschen Würde."

Hier sieht man erneut, woran es hakt, Blome versteht Würde nicht als etwas, dass der Person als solcher zukommt, sondern durch etwas anderes, Arbeit, erst erreicht wird. Würde er von Entfaltungsmöglichkeiten sprechen, die der Würde gemäß wären, wäre das treffend, davon spricht er aber nicht - es geht nur um Erwerbsarbeit, nicht Sorgetätigkeiten in der Familie, gegenüber Angehörigen, für die Freiwillige Feuerwehr usw. Wieviele Hartz IV-Haushalte hat Franz Müntefering wohl gesehen? Weshalb - wenn an der Geschichte überhaupt etwas dran ist - hing denn dort "oftmals" keine Uhr? Pünktlichkeit ist mehr als eine formale Oberflächlichkeit, es geht dabei um Verbindlichkeit gegenüber anderen Personen, darum, sich an Vereinbarungen zu binden. Wenn das jemand nicht mehr kann, hat er ganz andere Probleme, die ernst genommen werden sollten - sanktionsbewehrte Leistungen sind aber nicht die angemessene Antwort. Auch das erwähnt Blome nicht, er mag solche Lebenslagen nicht kennen, dann wäre es besser, nicht darüber leichtfüßig hinwegzugehen. Er schließt seinen Beitrag folgendermaßen:

"Deshalb frage ich: Was zum Teufel läuft schief in diesem System, dass die Arbeit suchenden Menschen nicht zu denen finden, die Arbeiter suchen. Dieses Vollversagen ist die eigentliche Sauerei und nicht die Sanktionen. Symbolpolitiker/in der übelsten Sorte muss darum sein, wer die Abschaffung der Hartz-4-Sanktionen als gesamtgesellschaftlichen Durchbruch feiert, solange das himmelschreiende Vermittlungsdefizit nicht kleiner wird. Offenbar geht es den Helden des Sanktionsmoratoriums um links-grüne Haltung, nicht ums Helfen: Die Betroffenen sollen in der Verwaltung ihrer Arbeitslosigkeit Wasserwaagen-genau gleichbehandelt werden – und irgendwann wird vielleicht auch einmal geschaut, wie man ihnen einen neuen Arbeitsplatz verschafft, von denen es da draußen für viele genug zu geben scheint."

Was also läuft schief? Blome realisiert nicht, dass die Sanktionsbewehrung nicht nur Leistungsbezieher trifft, in ihr drückt sich eine Haltung aus, und zwar eine Haltung gegenüber dem Einzelnen. Nicht er ist um seiner selbst willen wertvoll, er ist es dann, wenn er "der Allgemeinheit" etwas zurückgibt. Damit steht er in seiner Wertigkeit unter Vorbehalt. Dieselbe Allgemeinheit nimmt dabei gerne unbezahlte Arbeit in Anspruch, ohne zu fragen, woher die engagementbereiten Bürger denn kommen, wenn nicht aus den Familien, die sich Zeit für ihre Kinder nehmen müssen, damit das gelingen kann. Die Aufhebung von Sanktionen - wie schon der erwähnte Scheingegensatz gestern - widerspricht nicht der Aufgabe, Beratung anzubieten, Beratung allerdings, die ein Angebot darstellt und nicht als Vorladung daherkommt. Das übrigens hat mit links-grün gar nichts zu tun, sondern mit dem Grundverständnis unserer Demokratie. Auch helfen Sanktionen keinem Unternehmen, keiner Organisation, die verlässlich Aufgaben zu bewältigen hat, denn dazu braucht es Mitarbeiter, die das weitgehend eigenständig tun, nicht aber solche, die das nicht wollen. Die Chancen dafür, solche zu finden, sind am größten, wenn man sich dem frei zu- oder davon auch abwenden kann.

Sascha Liebermann

5. August 2021

"Aldi lockt Lkw-Fahrer mit höheren Löhnen" oder wie eine Selbstverständlichkeit zur Meldung werden kann

Spiegel online setzt fort: "Der Mangel an Lkw-Fahrern macht der britischen Wirtschaft schwer zu schaffen. Handelsriese Aldi versucht es jetzt mit dem einfachsten Mittel, das die Marktwirtschaft zu bieten hat: mehr Geld."

Was hier für einen Fall eintritt, könnte mit einem Bedingungslosen Grundeinkommen selbstverständlich sein, nicht des Mangels, der Verhandlungsmacht wegen, die es verliehe. Die, die bei dieser Meldung womöglich in Feierlaune geraten - die Gewerkschaften - wollen aber gerade ein BGE nicht haben.

Sascha Liebermann


31. Mai 2021

Wieder einmal angebliche Besserstellung von "Hartz IV"-Beziehern gegenüber Erwerbstätigen

Schon öfter kam es vor, dass solche Rechnungen die Zusammenhänge nicht richtig abgebildet haben, so laut Ausführungen von Johannes Steffen auch Dietrich Creutzburg in der Frankfurter Allgemeine Zeitung vor drei Jahren. Steffen weist auf aber auch Haushaltskonstellationen hin, in denen es Widersprüche im Leistungsgefüge zu geben scheint.

Sascha Liebermann

18. Januar 2021

Die finanzielle Nothilfe in ein Grundeinkommen zu verwandeln und permanent zu machen, wäre der richtige Schritt" angesichts der Armut...

...in Sao Paulo im Zuge der Corona-Pandemie, wie Spiegel Online berichtet. Der Bericht von Nicola Abé schildert die Nöte und eine Lösung dafür, die in Brasilien mit dem ehemaligen Senator Eduardo Suplicy verbunden ist. Er befürwortet schon lange ein Bedingungsloses Grundeinkommen und war maßgeblich daran beteiligt, dass 2004 dazu ein Gesetz verabschiedet worden ist, das allerdings seiner Umsetzung harrt.

Sascha Liebermann

11. Dezember 2020

"Statt Geld kommt Anzeige" - Corona-Hilfen für Selbständige

 ...darüber berichtet die taz. Siehe hierzu auch "Der deutsche Staat verachtet Selbstständige und Kreative", eine Kolumne von Sascha Lobo auf Spiegel Online.

16. November 2020

"Grundeinkommen tut gut" - doch das Experiment war nicht freiwillig...

...wie Dietmar Pieper in seinem Beitrag auf Spiegel Online über die Resultate des finnischen Experimentes, das bekanntermaßen mit einem allgemeine Bedingungslosen Grundeinkommen nichts zu tun hat, zu Beginn suggeriert. Eine Missverständlichkeit findet sich gleich zu Beginn des Beitrags wenn über eine Probandin des Experimentes berichtet wird, die an der Lotterie habe teilnehmen dürfen und das Glück hatte, ein Grundeinkommen zu erhalten. Im finnischen Endbericht hingegen wird ziemlich deutlich beschrieben, dass die Teilnahme gerade nicht freiwillig, sondern verpflichtend war:

"Participation in the experiment was not voluntary, which means that it is possible to draw more reliable conclusions of the effects of the experiment than is the case in other experiments which are based on voluntary participation."

Im Bericht wird das als Vorteil dargestellt, doch wenn die Einbettung beachtet wird, lässt sich das zurecht anders deuten, denn ausgewählt wurde nur unter Beziehern von Arbeitslosengeld. Auch das könnte im übrigen die Ergebnisse ungünstig beeinflusst haben, statt ein Vorteil zu sein. Genauso verzerrend kann es allerdings sein, wenn man sich um die Teilnahme bewerben kann, weil dann die Gefahr besteht, vorwiegend sympathisierende Personen im Sample zu haben. Aufgefangen werden könnte das dann, wenn eine sorgsame Analyse ihres Handelns und der Deutungen ihrer Lebenssituation zu verschiedenen Zeitpunkten durchgeführt würde. Gemeinhin geschieht das indes nur auf der Basis standardisierter Messungen, die das konkrete Handeln in seinem Zusammenhang jedoch nicht zu rekonstruieren erlauben (siehe hier). Interessant ist dann der Schlusspassus des Beitrags:

"Dass nur wenige Teilnehmer des finnischen Sozialexperiments bereit sind, öffentlich über ihre Erfahrungen zu sprechen, wundert sie darum nicht. Sie selbst hat sich zu Beginn des Programms über Kommentare in den Sozialen Medien geärgert, in denen die Bezieher des Grundeinkommens als "faule Leute" diffamiert wurden. "Dem halte ich entgegen: Du kannst hart arbeiten und trotzdem plötzlich ohne Job dastehen."

Die wenigen Interviews, die in verschiedenen Dokumentationen zumindest in Ausschnitten veröffentlicht wurden, vermittelten einen guten Eindruck darüber, weshalb Probanden die Möglichkeiten dieses Grundeinkommens nutzten. Sie wussten mehr oder weniger genau, was wollten bzw. nicht wollten.

Sascha Liebermann

29. Oktober 2020

"Habeck fordert 1200 Euro Unternehmerlohn" - Sonderversorgung oder Gleichbehandlung?

Spiegel Online berichtet über Robert Habecks Befürwortung eines pauschalen "Unternehmerlohns" für die Soloselbständigen unter den Kulturschaffenden - wie jüngst auch Bundeswirtschaftsminister Altmaier. So nachvollziehbar das Anliegen, weil manche Branchen besonders stark betroffen sind von den Auswirkungen der Maßnahmen zur Bewältigung der Corona-Pandemie, so sehr bezeugen diese Lösungsversuche die Hilflosigkeit vermeintlich zielgenauer Maßnahmen. Es wird immer jemanden geben, der durch die Maschen dieser Maßnahmen rutscht und deswegen kein ausreichendes Einkommen haben wird. Weshalb nicht das ganze auf ein zielgenaues, für die Basissicherung pauschalierendes System wie ein Bedingungsloses Grundeinkommen umstellen? Darüber hinaus bestehende Bedarfe können dann mit anderen Leistungen gedeckt werden. Wie richtig Susanne Wiest mit Ihrer Begründung der Petition an den Deutschen Bundestag lag, wird hier wieder deutlich.

Siehe frühere Beiträge zum Unternehmerlohn hier.

Sascha Liebermann

21. September 2020

"Sie merken, ich bin richtig sauer - Leben in der Angstschlaufe"...

...Sibylle Berg auf Spiegel Online, hier ein Auszug:

"Die Behauptung, der Mensch brauche Arbeit, ist das bekannteste und wirksamste Mittel der Angstverbreitung, um das Mysterium des Kapitalismus und der freien Märkte fraglos weiter hinzunehmen. Nun brauchen die meisten Menschen das Gebrauchtsein und die Kreativität. Ganz sicher braucht niemand ein Ausbeutungsverhältnis. In dem man seine Lebenszeit verkauft, um Erholungszeiten bitten muss und sich sein Leben lang in einer Angstschlaufe befindet."

3. September 2020

"Deutschland steigt aus"...

...so Alexander Neubacher bei Spiegel Online über das Pilotprojekt von Mein Grundeinkommen. An einer Stelle schreibt er besorgt:

"Nun freue ich mich mit jedem, der seinen Traum lebt, meinetwegen sogar als Mönchsdarsteller auf Mittelaltermärkten. Wenngleich man sich fragt, wer sich um die Kinder im Kindergarten kümmert, seit Michael gekündigt hat."

Was könnte die Antwort sein, vielleicht Art. 12 GG? Und wäre "Michael" denn ein guter Erzieher, auch wenn er das gar nicht machen will? Neubacher scheint hier den Von-der-Leyen-Schleckerfrauen-Vorschlag wahlweise auch Von-der-Leyen- Hartz-IV-Bezieher-Vorgschlag wiederbeleben zu wollen. Wie war das noch einmal mit dem Arbeitsmarkt, dort sollen doch Angebot und Nachfrage aufeinander treffen.

Und dann:

"Hinter ihrer Faszination fürs Grundeinkommen steckt ein sonniges Menschenbild. Dass sich manche Leute auf die faule Haut legen, wenn es Geld fürs Nichtstun gibt, können sie sich offenbar gar nicht vorstellen."

Das erinnert doch an diese Stellungnahme oder diese, auch diese und diese. "Manche Leute" sind recht wenige, wenn man die Sprache ernst nimmt. Wenn diese sich nun also auf die faule Haut legen würden mit einem BGE, wäre das von Bedeutung? Wären sie denn anderswo besser aufgehoben? Was ist die "faule Haut" - vielleicht nur eine Ruhe- oder Erholungsphase, hat sie gute Gründe für sich angesichts einer konkreten Lebensgeschichte? Den Autor kann man mit solchen Fragen wahrscheinlich nicht behelligen, auch damit nicht, dass heute schon, wer nicht beitragen will, sich ausklinken kann. Aber auch das hat Gründe und entspringt nicht einer hedonistischen Lebenshaltung.

Der Realist sagt:

"Ich glaube, dass beide Seiten, die sonnigen Linken und die finsteren Libertären, falschliegen. Bei einem realistischen Menschenbild sieht die Sache wohl eher so aus: Das bedingungslose Grundeinkommen würde die Leistungsbereitschaft von Menschen beschädigen, die auch im digitalen Zeitalter dringend gebraucht werden."

So, aha, ist das so, woher weiß er das? Welche Leistung meint er? Schon klar, den Erwerbsbeitrag, andere Leistung gibt es nicht und dieser Beitrag hängt von der Entschädigung für Arbeitsleid ab, also dem entscheidenden "Anreiz" dafür, überhaupt eine Aufgabe zu übernehmen: dem Lohn. Wenn das denn nur belegbar wäre, wenn denn überhaupt das Leben so einfach wäre, als daß "Anreize" entscheidend wären. Aber, was kümmert's den Autor.

Sascha Liebermann

1. April 2020

"Die Zahlen sind vollkommen unzuverlässig" - sagt Gerd Antes...

...zu den verfügbaren Daten über Infektionen mit SARS-CoV2, Todesfälle und die Einschätzung der Lage. Antes macht deutlich, wie wichtig verlässliche Daten sind und wie schwierig die Lage diesbezüglich gegenwärtig ist. Dennoch müssen Entscheidungen getroffen, das führt vor Augen, welche Bedeutung politisches Handeln als Gestaltung des Zusammenlebens hat, auch wenn es nicht ausreichende Daten gibt.

Gerd Bosbach hatte kürzlich eine ähnliche Einschätzung wie Antes vorgebracht. Zur Frage von Daten, Statistik und Prognosen siehe auch hier.

Sascha Liebermann

30. März 2020

"Trügerisches Heilmittel" - unnötig reißerischer Titel, instruktiver Text und einfallsloser Jens Südekum (zumindest laut Zitat)


Ist es nicht möglich, weniger reißerische Titel zu gebrauchen, die so gar nicht zum instruktiven Beitrag passen? Florian Diekmann weist zurecht auf Herausforderungen bei der kurzfristigen Einführung eines BGE hin, dann wird aber so getan, als gelte das für andere Maßnahmen nicht. Sollte Jens Südekum in dem Spiegel-Beitrag angemessen zitiert worden sein - tja, was soll man dazu sagen, das war dann wohl eher eine reflexhafte Antwort, weil er auf keinen Fall ein BGE haben will. Dazu wird zu den abwegigsten Vorwänden gegriffen.

Sascha Liebermann

3. Januar 2020

Differenzierte Einschätzung? Fabio de Masi zum Grundeinkommen...


...liest man diesen nachweihnachtlichen Tweet, könnte man meinen, es gebe keine differenzierten Überlegungen zum Bedingungslosen Grundeinkommen. Das Thema scheint zu Aussetzern zu führen oder hat es andere Gründe?

Zu den behaupteten Folgen eines BGE als Kombilohn und Herd- bzw. Stilllegungsprämie. Ein BGE "subventioniert" jeden Einzelnen, aber kein Anstellungsverhältnis, das sollte doch angesichts der lange geführten Diskussion klar sein. Wie illusionär eine repressionsfreie Grundsicherung ohne Sanktionen ist, solange es einen erwerbszentrierten Sozialstaat gibt, siehe dazu hier.

Sascha Liebermann

6. Dezember 2019

4. September 2019

"Wir müssen endlich darüber reden. Es ist ein Fehler, das Thema nur wegzudrücken"...

...sagt Saskia Esken über ein Bedingungsloses Grundeinkommen im gemeinsamen Interview mit Norbert Walter-Borjans auf Spiegel Online. Walter-Borjans ist zwar gegen ein BGE, hält aber die Diskussion darüber für nötig. Beide kandidieren für den SPD-Vorsitz. Hier ist die betreffende Passage:

"Esken: Wir müssen endlich darüber reden. Es ist ein Fehler, das Thema nur wegzudrücken. Für eine Partei darf es, abgesehen von verrückten Dingen wie der Todesstrafe, in der Diskussion keine Tabus geben. Wir haben zum Beispiel auch viel zu lange nicht über den Kohleausstieg gesprochen. Das Grundeinkommen wurde in verschiedenen Abwandlungen nur andiskutiert, wird generell oft verteufelt als Stillhalteprämie für Arbeitslose. Das ist aber nicht die Idee. Es ist ein Konzept mit verschiedenen Facetten, um unterschiedliche Lebensphasen zu ermöglichen, mit mal mehr und mal weniger Erwerbsarbeit. In Zeiten von veränderten Lebensbiografien müssen wir flexiblere Möglichkeiten anbieten.

SPIEGEL ONLINE: Herr Walter-Borjans, wie sehen Sie das als Haushälter?

Walter-Borjans: Wir müssen über die unterschiedlichen Vorstellungen in unserer Partei offener reden. Ich habe einen Großteil meines Lebens als Wirtschaftsförderer gearbeitet - mit höherer Wertschätzung durch die Wirtschaft, aber ich habe mich nie für meine Partei entschuldigt, nur um als wirtschaftspolitisch kompetent zu gelten. Wir dürfen Sozialdemokratie nicht so formen, wie unsere Gegenspieler sie gern hätten. Ich bin zwar dagegen, ein Grundeinkommen ohne Bedingungen zu machen, weil ich für die Fürsorge durch das Gemeinwesen auch die Bereitschaft erwarte, sich für dieses Gemeinwesen einzusetzen. Aber das heißt ja nicht, dass die Befürworter nicht auch gute Argumente haben. Und die sollten wir zumindest diskutieren."

Während Esken ein BGE differenziert betrachtet, stellt sich bei Walter-Borjans die Frage, welche "Bereitschaft" er vor Augen hat und wie er sie feststellen will? Denn Bereitschaft zu prüfen, bedeutet nicht tatsächliches Handeln zu prüfen, sondern nur Versprechungen oder Bekenntnisse. Entweder bleibt er damit beim jetzigen Gefüge stehen, dass Bereitschaft mit Erwerbsbereitschaft gleichsetzt (Arbeitswilligkeit) oder er fasst Bereitschaft weiter, wie es das "participation income" tut. Dann müsste jedoch definiert werden, was als Bereitschaft gilt. Denn bedingungslos soll ein Grundeinkommen ja nicht sein.

Sascha Liebermann

2. September 2019

"Wir brauchen einen ganz anderen Blick" - aber wie gelangen wir dahin?

Auf diese Frage gibt das Interview mit Katrin Menke bei Spiegel Online keine Antwort. Sie kritisiert eine Verengung eines bestimmten "Feminismus" auf die Gleichsetzung von Leistung und Erwerbstätigkeit - die "Sorgearbeit" falle unter den Tisch. Das Elterngeld verstärke die Ungleichheit, was sie für den "Krankenhaussektor" untersuchte. Doch, wie wäre denn die Missachtung von Sorgearbeit aufzuheben, wie den Eigenheiten anderer Lebensbereiche gerecht zu werden? Darüber erfährt man nichts. Dass im Titel ihrer Dissertation der Begriff "Wahlfreiheit" auftaucht, scheint nicht mit einer Kritik an ihm verbunden zu sein, zumindest lässt das Interview nur erkennen, dass diese "Wahlfreiheit" ungleich verteilt ist zwischen Frauen und Männern. Eine gleichere Verteilung führt jedoch gar nicht zur Aufwertung von Sorgearbeit, solange der Vorrang von Erwerbstätigkeit bestehen bleibt.

Unsere Beiträge zum Elterngeld finden Sie hier, zu "Wahlfreiheit" hier.

Sascha Liebermann

22. August 2019

"Wo die armen Deutschen leben" - Armutsquote nach Kaufkraft...

...das ergibt, laut einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) über die Matthias Kaufmann und Guido Grigat bei Spiegel Online berichten, eine andere Armutsverteilung als die Armutsquote, die sich am Nettoäquivalenzeinkommen orientiert, denn sie bezieht sich nur auf das Einkommen, nicht aber darauf, was man dort, wo man lebt, damit kaufen kann (Kaufkraft). Im Beitrag findet sich auch eine instruktive Karte.

7. Mai 2019

Hysterie, in die Falle gelockt, sehr abstrakte Überlegungen...

...so schätzen manche Kommentatoren die Reaktionen auf das Interview ein, das Kevin Kühnert, JUSO-Vorsitzender, der Zeit gegeben hatte.

Siehe Kommentare zu dem Vorgang z. B. von Jens Berger (Nachdenkseiten), Patrick Bahners (Frankfurter Allgemeinen Zeitung) und Nils Minkmar (Spiegel Online). Wiederum anders sieht es Bahners Kollege Jürgen Kaube. Frank Lübberding hat die jüngste Diskussion bei hart aber fair kommentiert, die zumindest indirekt auf das Kühnert-Interview reagiert.

Sascha Liebermann 

18. April 2019

"Armes Deutschland, reiches Deutschland" - Ungleichheit in Karten...

...ein Beitrag von Florian Diekmann, Frank Kalinowski und Chris Kurt auf Spiegel Online.






" Faktencheck-Algorithmus YouTube verwechselt Brand von Notre-Dame mit dem 11. September "...

...so leistungsfähig scheinen Algorithmen schon zu sein, von denen viele große Umwälzungen erwarten, siehe den Beitrag auf Spiegel Online.